In unserer heutigen Wegwerfgesellschaft, in der vieles keine tiefere Bedeutung mehr hat und wir ständig sinnlosen Reizen ausgesetzt werden, fragen sich immer mehr Menschen: Wie kann ich ein bedeutungsvolles, glückliches Leben führen? In seinem Buch «Die Kunst des guten Lebens» nimmt der Autor Rolf Dobelli seine Leser auf eine anschauliche mentale Reise mit, um Antworten auf diese essentielle Frage zu erhalten. mindful based. beleuchtet zwei Kapitel und zeigt, welchen Wert die mentalen Tricks für Stressbewältigung haben können.
Entdecken Sie Ihre Unflexibilität
Im Kapitel 3 «Das Gelübde – Inflexibilität als Strategie» vergleicht Rolf Dobelli die Handlung des spanischen Eroberers Hernán Cortés mit einem der wichtigsten ökonomischen Prinzipien. Als Hernán Cortés im Jahr 1519 die mexikanische Küste erreichte, erklärte er Mexiko umgehend zur spanischen Kolonie und sich selbst zum Gouverneur. Direkt im Anschluss zerstörte er alle seine Schiffe, und nahm sich und seiner Mannschaft dadurch auch die einzige Möglichkeit in die alte Heimat zurückzukehren.
Aus einer ökonomischen Perspektive macht die Entscheidung von Cortés keinen Sinn. Warum Alternativen ausschliessen?
Denn einer der wichtigsten ökonomischen Prinzipien lautet bekanntlich: Je mehr Optionen man hat, desto besser. Unsere gesamte Konsumgesellschaft basiert auf diesem einfachen Prinzip. Flexibilität ist im wirtschaftlichen Kontext eine wichtige Stärke, insbesondere in Zeiten, in der Veränderung die einzige Konstante ist. Warum also diese Unflexibilität?
Für Rolf Dobelli ist klar: Wenn es um wirklich wichtige Angelegenheiten geht, ist Flexibilität kein Vorteil, sondern eine Falle.
Am Beispiel Cortés erklärt: Warum zerstörte er mutwillig seine Schiffsflotte? Er wendet radikale Unflexibilität an, um sein langfristiges Ziel der Kolonialisierung und Machtausübung zu erreichen. Er war sich bewusst: Wäre sein Verhalten flexibler, würde er sein Ziel nicht erreichen. Wie kann das sein?
Rolf Dobelli führt zwei Gründe als Erklärung auf. Erstens: Sobald wir immer wieder von neuem Entscheidungen fällen müssen, zermürben wir unsere Willenskraft. In der Psychologie wird das «Decision fatigue» genannt. Sobald unser Gehirn sich immer wieder von neuem einem Entscheidungsprozess widmen muss, ermüdet es. Früher oder später wählt es automatisch die einfachste Variante, die oft die Schlechteste ist. Daher machen Gelübde so viel Sinn.
Hat man sich voll und ganz einem Ziel oder Verhalten verschrieben, muss man nicht dauernd Vor- und Nachteile abwägen, sobald man in eine Entscheidungssituation kommt.
Führende Persönlichkeiten in Politik und Wirtschaft müssen jeden Tag viele wichtige Entscheidungen treffen. Um nicht in die Spirale einer Entscheidungsmüdigkeit zu geraten, trug Steve Jobs immer die gleiche Kleidung. Er reduzierte so ganz einfach die Anzahl Entscheidungen pro Tag. Ähnlich verhalten sich heute Barack Obama und Mark Zuckerberg.
Der zweite Grund: Unflexibilität ist wertvoll für die Reputation. Sobald man bei gewissen Themen kompromisslos und konsistent agiert, markiert man unmissverständlich seinen Standpunkt und zieht eine klar erkennbare rote Linie. Es werden klare Signale gesendet, wo der Verhandlungsspielraum aufhört. Rolf Dobelli weist auf den Investor Warren Buffet hin, der aus Prinzip nicht verhandelt. Möchte man ihm seine Firma verkaufen, dann erhält man genau eine einzige Chance für ein Angebot. Buffett wird dann die Firma zum vorgeschlagenen Preis kaufen – oder er wird sie überhaupt nicht kaufen.
Wenn das Angebot zu hoch war, bringt es nichts, den Preis nachträglich zu senken. Buffett hat ein derart hohe Reputation für seine radikale Unflexibilität aufgebaut, dass er garantiert mit dem ersten Angebot den besten Deal erhält – und das, ohne sich auch nur im Ansatz im Feilschen zu verlieren.
Wie kann man diesen mentalen Tipp für sein eigenes Leben nutzen?
Verabschieden Sie sich vom Flexibilitäts-Kult. Flexibilität macht uns müde und unglücklich, und es lenkt uns von unseren wichtigen Zielen ab. Es ist viel einfacher, sich zu 100 Prozent an sein Gelübde zu halten – als eben nur zu 99 Prozent.
Diese einfache Regel kann Ihnen überall dort helfen, wo Sie bis anhin laufend vom Weg abgekommen sind. Sei es beim Verzicht auf ein Dessert, beim Einhalten einer radikalen Diät, beim Verzicht auf Alkohol und andere Suchtmittel oder beim Einhalten ihrer regelmässigen Meditationsübungen.
Warum Sie jeden Tag das Beste geben sollten
Im 52. und letzten Kapitel «Innerer Erfolg – warum Input wichtiger ist als Output» zeigt der Autor geschickt auf, wie einseitig unsere Gesellschaft Erfolg misst. Regelmässig werden Listen in Magazinen wie BILANZ 300 oder Forbes veröffentlicht, um klarzustellen: Die reichsten Menschen haben es geschafft. Eine Frage bleibt: Warum gibt es Listen der reichsten Menschen, aber nicht der glücklichsten? Klar ist: Wir sollten uns nicht verrückt machen lassen von solchen Listen.
Versetzen Sie sich gedanklich 10’000 Jahre in die Vergangenheit und es wird Ihnen schnell klar: eine Forbes-Liste wäre damals im besten Fall als innovatives Toilettenpapier relevant geworden. Warren Buffet mag wohl auf der Forbes-Liste regelmässig einer der besten Plätze ergattern. In der Steinzeit hingegen hätte er offensichtlich grösste Mühe gehabt, zu überleben, nur weil er nicht schnell genug auf einen Baum klettern konnte. Er wäre wohl umgehend als deftiger Snack in den Klauen eines hungrigen Löwen gelandet. Das Beispiel zeigt: In der Steinzeit wurde Erfolg ganz anders gemessen.
Die Definition von Erfolg ist immer ein Produkt ihrer Zeit. Man sollte daher vorsichtig sein bei der Übernahme von gesellschaftlichen Massstäben, die Erfolg über materiellen Reichtum, Prestige und Listen definieren.
Rolf Dobelli liefert eine ganz einfache, tausende Jahre alte Definition von Erfolg: Wahrer Erfolg ist innerer Erfolg. Griechische und römische Philosophen nannten diese Form des Erfolges «Ataraxia». Der Begriff steht für Unerschütterlichkeit, für eine emotionale Gelassenheit gegenüber Schicksalsschlägen. In anderen Worten: Erfolgreich zu sein bedeutet, ausgeglichen und gelassen zu bleiben, egal ob man gerade eine Erfolgswelle reitet oder eine Bruchlandung hinlegt.
Wie können wir diesen inneren Erfolg erreichen? Indem wir uns ganz auf die Dinge konzentrieren, die wir beeinflussen können und alles andere lernen abzublocken. Input, nicht Output. Wir können unseren Input kontrollieren, nicht aber unseren Output.
Auf Geld, Macht und Prestige haben wir nur bedingt Einfluss. Sobald sie weg sind, werden wir unglücklich. Ist man allerdings auf inneren Erfolg ausgerichtet, bleibt man immer noch glücklich, egal welche Schicksalsschläge uns ereilen.
Der amerikanische Basketballtrainer John Wooden bestand darauf, dass seine Spieler Erfolg ganz anders definieren. Rolf Dobelli zitiert ihn mit den Worten: «Success comes from knowing that you did your best to become the best that you capable of becoming.» Erfolg ist Einstellungssache.
Auch Rolf Dobelli weiss: Realistisch betrachtet werden wir wohl nie zu 100 Prozent glücklich, wenn wir uns ausschliesslich auf den inneren Erfolg konzentrieren. Wir werden uns immer zu einem gewissen Grad auch über den äusseren Erfolg definieren.
Um sich dem Ideal «Ataraxia» zu nähern, schlägt der Autor vor sich jeden Abend ein paar einfache Fragen zu stellen: Woran bin ich heute gescheitert? Wann wurde ich von toxischen Emotionen überrannt? Welche Dinge haben mich aus dem Ruder gebracht, die ich nicht direkt kontrollieren kann? Oder mit den Worten, mit der John Wooden sein Team motiviert hat: «Make each day your masterpiece.»
Zum Abschluss liefert Rolf Dobelli mit dem letzten Satz seine ganz eigene Definition von einem guten Leben, die ideal zum 21. Jahrhundert passt: Sie erhalten eine Million und ändern nichts an ihrem Leben. Besser kann man das grundlegende Spannungsfeld zwischen materiellem Glück und innerem Gleichgewicht nicht treffen.
Mit achtsamkeitsbasierten Übungen Impulse kontrollieren
Die mentalen Tricks von Rolf Dobelli können einen sinnvolle Ergänzung zur achtsamkeitsbasierten Stressreduktion sein. Trotzdem sollte uns bewusst sein: Menschen stehen heute untern enormen Stress. Der berufliche Leistungsdruck nimmt laufend zu und wir arbeiten pausenlos, meist vor dem Computer. Diese Kombination fördert die Vernachlässigung aller anderen Sinne. Andere wichtige Wahrnehmungsebenen werden ignoriert, da sie als «Störgeräusche» wahrgenommen werden. Wird dieses Verhalten zur Gewohnheit, degeneriert der Gesamtorganismus zu einem «Enzephalopoden», einem Kopffüssler, der nur noch mit dem Kopf funktioniert. Körperliche Wahrnehmungssignale werden unterdrückt, Stresssymptome und deren schädliche Wirkung verstärken sich.
Ein hervorragendes Tool, um ablenkende Impulse und sich selber besser kontrollieren zu können sind achtsamkeitsbasierte Übungen. mindful based. bietet MBSR-Kurse an, bei denen Sie alle wichtigen Instrumente für einen liebevollen Umgang mit sich selbst erlernen.